Puh! Dieses Thema arbeitet schon seit Jahren in mir und will jetzt einfach mal raus. Da kriegen Eltern ein Kind und erfahren (mal früher, mal später), dass ihr Kind ein besonderes ist. Ja, jedes Kind ist besonders, aber ihres eben sehr besonders. Manche erfahren eine Diagnose sehr schnell, andere leben ewig in Ungewissheit. Fakt ist, irgendwas ist anders. Altersgerechte Entwicklung rückt in weite Ferne.
Aber von vorne. Was sind Kinder für mich? Zu allererst sind sie ein WUNDER. Zwei Menschen kommen sich sehr nah und das Schicksal / der Zufall / das Universum / Gott, irgendwer ist da noch der Meinung: Hier soll Leben entstehen! Eltern betrachten ihr Kind von Natur aus als etwas WUNDERbares. Sie geben Liebe und Fürsorge – und die Kontrolle über ihren Tages- und Nachtablauf an das kleine Wesen ab. Kinder sind nie falsch. Weint ein Kind, gibt es einen Grund. Eltern verlangen von ihren Kindern erstmal nix. Ja ok, ein bisschen Schlaf wäre gut zum Akku auftanken 😉 Aber mehr brauchen Eltern von ihren Kindern nicht.
Und wie ist das mit den besonderen Kindern? Also mit denen, die von den durch Perzentile und U-Untersuchungen festgelegten Normen abweichen? Die will man optimieren. Das Therapeutenspektrum ist vielfältig und umso früher gestartet wird, umso besser für die Entwicklung des Kindes. Nun bekommen die Kids oftmals Frühförderung, Logopädie, Ergotherapie oder andere Maßnahmen zur Entwicklung. Die besonderen Kinder die ich kenne, haben drei bis fünf Termine pro Woche! Puh, das stresst mich schon beim Schreiben. Die Eltern wollen das Beste für ihr Kind und nehmen diese Termine wahr. Und nun wird es schwierig. Die Therapeuten wollen auch das Beste fürs Kind. Und wie erreichen wir Fortschritt? Mit täglicher Übung! Die Eltern werden in den Therapieterminen angelernt, um zu Hause weiter die Entwicklung ihres Kindes zu fördern. Sie werden angehalten, ihren Kindern etwas zuzutrauen und ihnen nicht alles abzunehmen. Durchaus sinnvoll aus therapeutischer Sicht.
Doch was macht das mit den Eltern? Ich sehe oft verunsicherte Eltern, die ihr Kind nach einiger Zeit in Defiziten betrachten. Mir können alle Eltern besonderer Kinder genau sagen, was nicht altersgerecht entwickelt ist an ihnen. Die meisten können sogar sagen, welche Therapie gerade welches nächste Ziel hat. Was mir viele Eltern nicht (mehr) sagen können ist, was ihr Kind einzigartig und WUNDERvoll macht.
Daher mein Apell! Liebe Ärzt:innen, Gutachter:innen, Therapeut:innen – ihr alle wollt das Beste. Das Beste fürs Kind ist bedingungslose Elternschaft. Eltern, die ihr Kind als das ansehen, was es ist. Ein WUNDERvolles kleines Wesen. Ein Mensch – gut und richtig, so wie er ist. Wir können sie fördern, sollten sie aber nicht falsch machen. Spielerisch gelingen viele Therapien ganz wunderbar und lassen sich super auch für die Eltern im Alltag integrieren. Aber bitte, bitte, achtet auf die Eltern und die Kinder. Es darf nicht sein, dass eine Mama weinend vor mir sitzt, weil ich sie frage, ob ihr Kind die Jacke alleine anziehen kann. Ihre Antwort leise und mit gesenktem Kopf: „Manchmal, wenn es schnell gehen muss, helfe ich ihr!“ Als ich ihr sage, dass ich meine morgenmufflige Räubertochter, wenn ich zur Arbeit will und sie in die Kita muss, auch anziehe (obwohl es altersgerecht entwickelt ist), hört man einen Stein plumpsen. Sie ist dankbar für diese „Genehmigung“.
Bitte, ihr Fachleute da draußen, schaut sie euch an, die euch anvertrauten Kinder mit ihren Familien. Jedes Kind ist so einzigartig und so besonders. Wendet euren Blick auch immer mal ab von euren Kurven, Fragen, Aufträgen – hin zum Menschen!
Und bitte ihr Eltern, lasst euch nicht verunsichern. Ja, euer Kind ist besonders, vielleicht auch sehr besonders. Aber schaut es euch an. Braucht es eure Hilfe? Dann helft! Will es selbst bestimmen, sich austesten und ihr habt Angst, es kann etwas noch nicht? Dann vertraut! Und wenn ihr doch verunsichert seid, dann meldet euch einfach bei uns im Büro und fragt nach einem Beratungstermin mit mir. Gerne komme ich vorbei und schaue mir eure ganz einzigartige Situation an.