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24. März 2022
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Eltern als The­ra­peu­ten

Eltern als The­ra­peu­ten vs. Bedin­gungs­lo­se Eltern­schaft

Puh! Die­ses The­ma arbei­tet schon seit Jah­ren in mir und will jetzt ein­fach mal raus. Da krie­gen Eltern ein Kind und erfah­ren (mal frü­her, mal spä­ter), dass ihr Kind ein beson­de­res ist. Ja, jedes Kind ist beson­ders, aber ihres eben sehr beson­ders. Man­che erfah­ren eine Dia­gno­se sehr schnell, ande­re leben ewig in Unge­wiss­heit. Fakt ist, irgend­was ist anders. Alters­ge­rech­te Ent­wick­lung rückt in wei­te Fer­ne.

Aber von vor­ne. Was sind Kin­der für mich? Zu aller­erst sind sie ein WUN­DER. Zwei Men­schen kom­men sich sehr nah und das Schick­sal / der Zufall / das Uni­ver­sum / Gott, irgend­wer ist da noch der Mei­nung: Hier soll Leben ent­ste­hen! Eltern betrach­ten ihr Kind von Natur aus als etwas WUN­DER­ba­res. Sie geben Lie­be und Für­sor­ge – und die Kon­trol­le über ihren Tages- und Nacht­ab­lauf an das klei­ne Wesen ab. Kin­der sind nie falsch. Weint ein Kind, gibt es einen Grund. Eltern ver­lan­gen von ihren Kin­dern erst­mal nix. Ja ok, ein biss­chen Schlaf wäre gut zum Akku auf­tan­ken 😉 Aber mehr brau­chen Eltern von ihren Kin­dern nicht.

Und wie ist das mit den beson­de­ren Kin­dern? Also mit denen, die von den durch Per­zen­ti­le und U-Unter­su­chun­gen fest­ge­leg­ten Nor­men abwei­chen? Die will man opti­mie­ren. Das The­ra­peu­ten­spek­trum ist viel­fäl­tig und umso frü­her gestar­tet wird, umso bes­ser für die Ent­wick­lung des Kin­des. Nun bekom­men die Kids oft­mals Früh­för­de­rung, Logo­pä­die, Ergo­the­ra­pie oder ande­re Maß­nah­men zur Ent­wick­lung. Die beson­de­ren Kin­der die ich ken­ne, haben drei bis fünf Ter­mi­ne pro Woche! Puh, das stresst mich schon beim Schrei­ben. Die Eltern wol­len das Bes­te für ihr Kind und neh­men die­se Ter­mi­ne wahr. Und nun wird es schwie­rig. Die The­ra­peu­ten wol­len auch das Bes­te fürs Kind. Und wie errei­chen wir Fort­schritt? Mit täg­li­cher Übung! Die Eltern wer­den in den The­ra­pie­ter­mi­nen ange­lernt, um zu Hau­se wei­ter die Ent­wick­lung ihres Kin­des zu för­dern. Sie wer­den ange­hal­ten, ihren Kin­dern etwas zuzu­trau­en und ihnen nicht alles abzu­neh­men. Durch­aus sinn­voll aus the­ra­peu­ti­scher Sicht.

Doch was macht das mit den Eltern? Ich sehe oft ver­un­si­cher­te Eltern, die ihr Kind nach eini­ger Zeit in Defi­zi­ten betrach­ten. Mir kön­nen alle Eltern beson­de­rer Kin­der genau sagen, was nicht alters­ge­recht ent­wi­ckelt ist an ihnen. Die meis­ten kön­nen sogar sagen, wel­che The­ra­pie gera­de wel­ches nächs­te Ziel hat. Was mir vie­le Eltern nicht (mehr) sagen kön­nen ist, was ihr Kind ein­zig­ar­tig und WUN­DER­voll macht.

Daher mein Apell! Lie­be Ärzt:innen, Gutachter:innen, Therapeut:innen – ihr alle wollt das Bes­te. Das Bes­te fürs Kind ist bedin­gungs­lo­se Eltern­schaft. Eltern, die ihr Kind als das anse­hen, was es ist. Ein WUN­DER­vol­les klei­nes Wesen. Ein Mensch – gut und rich­tig, so wie er ist. Wir kön­nen sie för­dern, soll­ten sie aber nicht falsch machen. Spie­le­risch gelin­gen vie­le The­ra­pien ganz wun­der­bar und las­sen sich super auch für die Eltern im All­tag inte­grie­ren. Aber bit­te, bit­te, ach­tet auf die Eltern und die Kin­der. Es darf nicht sein, dass eine Mama wei­nend vor mir sitzt, weil ich sie fra­ge, ob ihr Kind die Jacke allei­ne anzie­hen kann. Ihre Ant­wort lei­se und mit gesenk­tem Kopf: „Manch­mal, wenn es schnell gehen muss, hel­fe ich ihr!“ Als ich ihr sage, dass ich mei­ne mor­gen­muf­fli­ge Räu­ber­toch­ter, wenn ich zur Arbeit will und sie in die Kita muss, auch anzie­he (obwohl es alters­ge­recht ent­wi­ckelt ist), hört man einen Stein plump­sen. Sie ist dank­bar für die­se „Geneh­mi­gung“.

Bit­te, ihr Fach­leu­te da drau­ßen, schaut sie euch an, die euch anver­trau­ten Kin­der mit ihren Fami­li­en. Jedes Kind ist so ein­zig­ar­tig und so beson­ders. Wen­det euren Blick auch immer mal ab von euren Kur­ven, Fra­gen, Auf­trä­gen – hin zum Men­schen!

Und bit­te ihr Eltern, lasst euch nicht ver­un­si­chern. Ja, euer Kind ist beson­ders, viel­leicht auch sehr beson­ders. Aber schaut es euch an. Braucht es eure Hil­fe? Dann helft! Will es selbst bestim­men, sich aus­tes­ten und ihr habt Angst, es kann etwas noch nicht? Dann ver­traut! Und wenn ihr doch ver­un­si­chert seid, dann mel­det euch ein­fach bei uns im Büro und fragt nach einem Bera­tungs­ter­min mit mir. Ger­ne kom­me ich vor­bei und schaue mir eure ganz ein­zig­ar­ti­ge Situa­ti­on an.